Zum Muttertag – aber nicht nur für Mütter – spielt das Ensemble Isura, diesmal in der Besetzung
Rita Kuhnert (Violine)
Clemens Gordon (Viola)
Rita Timm (Violoncello)
Die drei Musiker*innen des Staatsopernorchesters München haben sich zwei der Triosonaten von Ludwig van Beethoven ausgewählt: Das Streichtrio Es-Dur für Violine, Viola und Violoncello op. 3 und das Streichtrio D-Dur für Violine, Viola und Violoncello op. 9 Nr. 2. Ein weiteres Schmankerl ist der Aufführungsort. Das Konzert findet wieder einmal in der unter Denkmalschutz stehenden katholische Filialkirche St. Wolfgang (Pipping) statt, die „als erlesenes Beispiel für die mittelalterlich dörfliche Sakralarchitektur Oberbayerns“ gilt.
Karten nur an der Abendkasse Kirche St. Wolfgang in Pipping (Pippinger Str. 51)
Reservierung unter: info@kammermusik-pasing.de
Eintritt: 25€, ermäßigt für Mitglieder 20€, für Schüler und Studierende bis 30J. 5€
„Man hört vier vernünftige Leute sich unterhalten, glaubt ihren Diskursen etwas abzugewinnen und die Eigentümlichkeiten der Instrumente kennen zu lernen.“ So formulierte Goethe 1829 seine Gedanken zum Streichquartett. Die Idee, instrumentale Kammermusik stelle eine Art Gespräch dar, hatte man aber schon deutlich früher u.a. auf das Streichtrio gemünzt. So schrieb der Komponist und Musiktheoretiker Johann Abraham Peter Schulz 1774 in Johann Georg Sulzers Enzyklopädie Allgemeine Theorie der Schönen Künste: „Das eigentliche Trio hat drey Hauptstimmen, die gegen einander concertiren, und gleichsam ein Gespräch in Tönen unterhalten. […] Gute Trios […] sind aber selten, und würden noch seltener seyn, wenn der Tonsetzer sich vorsezte, ein vollkommen leidenschaftliches Gespräch unter gleichen, oder gegen einander abstechenden Charakteren in Tönen zu schildern. […] Nur der, welcher alle Theile der Kunst mit einer fruchtbaren und lebhaften Phantasie verbände, und sich übte, jeden Zug eines Charakters oder einer Leidenschaft […] musikalisch zu empfinden, und in Tönen auszudrücken, würde eines solchen Unternehmens fähig werden, und das Trio zu der höchsten Vollkommenheit erheben.“
Diese Worte weisen schon auf die Gattungsbeiträge Wolfgang Amadeus Mozarts und Ludwig van Beethovens voraus. Letzterer schrieb fünf Werke für Streichtrio, das erste in Es-Dur op. 3, die Serenade in D-Dur op. 8 und die drei Streichtrios op. 9, alle vor 1798 entstanden.
Anders als Bach oder Mozart, die überwiegend in einer fest gefügten städtischen bzw. ständischen Ordnung aufwuchsen, veröffentlichte Beethoven seine Frühwerke zur Zeit der Revolutionskriege. Das weltliche Musikleben verlagerte sich allmählich vom aristokratischen Salon in den öffentlichen Konzertsaal.
Vor allem im Streichtrio Es-Dur op. 3 nimmt der junge Beethoven noch Bezug auf Wolfgang Amadeus Mozarts 1792 veröffentlichtes Divertimento Es-Dur KV 563, darauf deuten die Entsprechung der für Streicher nicht gerade naheliegenden Tonart, die Satzfolge (zwei rasche Außensätze, zwei langsame Sätze und zwei Menuette) und einige thematische Ähnlichkeiten hin. Dass beide Werke mit „Gran Trio“ bezeichnet sind, dürfte auf den Wiener Verleger Artaria e Comp. zurückgehen, verweist aber auf die jeweils anspruchsvollere Gestaltung eines eigentlich zur gehobenen Gesellschaftsmusik zählenden sechssätzigen „Divertimento“.
Das eröffnende Allegro con brio trägt bereits unverkennbar „Beethovensche“ Züge, für Unterhaltungsmusik eher untypische drängende Synkopen lassen den Satz bis zum trotzigen Crescendo-Motiv der Coda überraschend und etwas widerborstig erscheinen. Das „klassische“ Seitenthema stellt dazu einen freundlich beruhigenden Kontrast dar.
Der 2. Satz im 3/8-Takt erinnert etwas an andere frühe Andante-Sätze Beethovens, etwa in der Ersten Symphonie. Er ist überwiegend von einer pochend viertönigen Staccato-Figur geprägt, die im Seitenthema von Trillerfiguren abgelöst werden. Am Schluss verebbt er in leise klopfendem pizzicato.
Der Hauptteil des ersten Menuetts (Allegretto) verblüfft mit einer Folge durch Pausen getrennter Intervallpartikel, die etwas zusammenhanglos wirken, ein Tonsatz, der Rudolph Stephan „fast an Webern denken lässt“. Im Trio blüht die Violine dann mit einer ruhig fließenden Melodie auf, die von Achtel-Arpeggien der Viola und Pizzicato-Vierteln im Violoncello (wirkt wie ein „Walking Bass“ im Jazz) begleitet wird.
Dem träumerisch-innigen Gesang des Adagios folgt das zweite Menuett mit musikantischer Spielfreude. Besonders markant ist das Minore-Trio, in dem die Violine über liegenden Bordunklängen wie bei einem Dudelsack oder einer Drehleier in höchste Höhen steigt und verklingt.
Der punktierte Themenkopf des Refrains im Rondo-Finale (Allegro) lädt zu Imitationen und Variationen ein. Ziemlich unerwartet durchbrechen im Mittelteil des Satzes die intensiven Staccato-Triolen in Moll in allen Stimmen das recht ungetrübte Gefüge, auch die Schlusstakte haben noch Überraschungen parat.
Die drei Streichtrios op. 9 zählen zu den bedeutendsten Frühwerken Beethovens. Dass er dies auch selbst so sah, wird schon in der Widmung an den irischen Grafen Johann Georg von Browne deutlich: „Wenn die Kunstprodukte, denen Ihr als Kenner die Ehre Eurer Protektion erweist, weniger nach der genialen Inspiration als vielmehr nach dem guten Willen, sein Bestes zu geben, beurteilt würden; so hätte der Autor die ersehnte Genugtuung, dem ersten Mäzen seiner Muse das beste seiner Werke zu präsentieren.“ Auch die Beethoven-Biographie von Thayer und Riemann ist voll des Lobes: „Keins von den bisherigen Werken kann sich an Schönheit und Neuheit der Erfindung, Geschmack der Ausführung, Behandlung der Instrumente usw. mit diesen Trios messen; sie überragen im ganzen sogar auch die bald nachher erschienenen Quartette (op. 18).“
Eingerahmt von den dramatischen Trios op. 9 Nr. 1 und 3 ist das Streichtrio D-Dur op. 9 Nr. 2 eher lyrisch angelegt. Dies wird schon durch die Tempobezeichnungen der ersten beiden Sätze deutlich., auf ein Allegretto in D-Dur folgt ein Andante quasi Allegretto in d-Moll.
Der 1. Satz ist ein Allegretto in D-Dur im 2/4-Takt. Aus dem sich nach einleitenden großen Sprüngen spielerisch verflüssigenden Haupt- und dem innigen Seitenthema (dolce) entwickelt Beethoven einen Sonatensatz von über 300 Takten. Ein starker Impuls geht von einem insistierenden kleinen Doppelschlagmotiv aus, das beim Wiederaufgreifen des Hauptthemas erstmals in der Violine erscheint.
Gleichsam in Fortspinnung des Kopfsatz-Tempos demonstriert der langsame Satz (Andante quasi Allegretto) in d-Moll, wie nah Liedform und Fantasie einander kommen können. Violine und Violoncello übernehmen die melodische Führung in einer melancholischen Charakterstudie voller satztechnischer und formaler Einfälle.
Das sogenannte „Menuett“ in D-Dur an dritter Stelle ist eigentlich ein Scherzo, darauf weisen das Allegro-Tempo und der zweimal auftretende pointierte kurze Vorschlag in der Violine hin. Einen deutlichen Kontrast bietet ein sehr schlichtes h-Moll-Trio im pianissimo.
Dem Finale (Allegro) hat Beethoven die widerhakende Rhythmik von vornherein eingeschrieben: als Synkope mit Sforzato in der Viola. Darüber stimmt das Violoncello in hoher Lage das Rondothema an, das die Violine mit rustikalen Bordunklängen begleitet. Originalität und musikantischer Spielwitz prägen diesen Schlusssatz.
Im Streichtrio treten die Stimmen oft solistischer auf als z.B. im Streichquartett. Das macht diese Besetzung im Hinblick auf die Balance empfindlicher und erfordert von den Musikerinnen und Musikern sowohl großes solistisches Können als auch große kammermusikalische Erfahrung. So äußert sich der berühmte Cellist Daniel Müller-Schott: „Man kann sich im Streichtrio nicht verstecken, im Trio ist alles völlig ungeschützt.“
Rita Kunert, in Ungarn geboren, erhielt ihre Violin-Ausbildung zunächst in Budapest an der Franz Liszt Musikakademie bei Vilmos Szabadi, dann an der Hochschule in Hannover bei Adam Kostecki. Während des Studiums spielte sie, neben solistischen und kammermusikalischen Auftritten, als Praktikantin der Radiophilharmonie Hannover des NDR und später des NDR Sinfonieorchesters Hamburg. Ihrem Praktikum folgte ein Zeitvertrag an der Staatsoper Hamburg. Seit 2007 ist sie festes Mitglied der Ersten Violinen im Bayerischen Staatsorchester.
Clemens Gordon wurde in Salzburg geboren. Seinen ersten Violin-Unterricht erhielt er im Alter von fünf Jahren, mit 16 Jahren wechselte er zur Bratsche. 2008 wurde er in die Konzertklasse von Thomas Riebl an der Universität Mozarteum Salzburg aufgenommen. Sein Masterstudium setzte er bei Veronika Hagen und Hans Peter Ochsenhofer an der Musikuniversität Wien fort. Meisterkurse bei Hartmut Rohde, Mikhail Zemtsov, Ivry Gitlis und Mitgliedern der Wiener Philharmoniker ergänzten seine Ausbildung. 2012 gewann er den Lionel-Tertis-Wettbewerb. Nach Orchestererfahrungen bei der Camerata Salzburg, an der Wiener Staatsoper und bei den Wiener Philharmonikern ist er seit 2014 Mitglied des Bayerischen Staatsorchesters – zunächst im Tutti und seit der Spielzeit 2018/19 als Stellvertretender Solobratscher.
Roswitha Timm wurde in Ludwigslust geboren. Sie studierte Violoncello in München und Hamburg bei Walter Nothas und Bernhard Gmelin. Ihre Ausbildung ergänzte sie durch Kurse bei William Pleeth, Natalia Gutman, Maurice Gendron und die Teilnahme an verschiedenen Kammermusikfestivals. Sie war Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Nach einem Engagement am Niedersächsischen Staatstheater Hannover ist sie seit 1996 Mitglied des Bayerischen Staatsorchesters.
(Quelle: Staatsoper)