Das Ensemble Isura spielt das Klavierquintett op. 44 von Robert Schumann und das Klavierquartett op. 25 von Johannes Brahms
Kammermusik für Klavierquartett, also Klavier und Streichtrio, gab es schon in der Vorklassik und Klassik, z. B. die Klavierquartette von Beethoven und Mozart. Bei den Klavierquintetten mit der Besetzung Klavier und Streichquartett sieht es dagegen anders aus. Hier haben nur Louis Ferdinand Prinz von Preussen und Boccherini kompositorische Spuren hinterlassen, dazu Schubert mit dem „Forellenquintett“. Die große Zeit des Klavierquintetts begann erst in der späteren Romantik, genau genommen am 8. Januar 1843, als im Leipziger Gewandhaus das Klavierquintett op. 44 von Robert Schumann mit seiner Ehefrau Clara am Klavier aus der Taufe gehoben wurde. Von da an etablierte sich die Gattung des Klavierquintetts im Musikbetrieb, und in ihrem Gefolge erlebte auch das Genre des Klavierquartetts einen neuen Höhenflug. So komponierte Johannes Brahms ab 1863 neben seinem Klavierquintett drei Klavierquartette. Schon das erste dieser Quartette des Protegées und Seelenverwandten von Robert und Clara Schumann, das Klavierquartett op. 25, ist ein wahres Juwel der romantischen Kammermusik.
Das Ensemble Isura, bestehend aus Mitgliedern des Bayerischen Staatsorchesters und dem international gefragten Konzertpianisten Dmitri Vinnik, hat beide Leuchtturm-Kompositionen romantischer Kammermusik in sein Programm aufgenommen. Freuen Sie sich auf diesen außergewöhnlichen Konzertabend!
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Robert Schumann (1810 – 1856) schrieb am 23. September 1842 in sein „Haushaltsbuch“: Anflug zu einem Quintett. Am 28. April 1842 vermeldet das „Haushaltsbuch“: Ziemlich fertig mit dem Quintett. In sage und schreibe fünf Tagen hatte er das Klavierquintett op. 44 Es-Dur vollständig skizziert! Am 12. Oktober notierte er: Mein Quintett fertig aufgeschrieben, und Ehefrau Clara jubelte im Ehetagebuch: Er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint, ein Werk voll Kraft und Frische! Schumann muss sich in einem wahren Schaffensrausch befunden haben. Gewidmet hat er das Klavierquintett nicht, wie ursprünglich vorgesehen, der Großherzogin von Sachsen-Weimar, sondern seiner Frau Clara.
Heute würde man Schumann als Nerd bezeichnen, als Mensch, der sich exzessiv auf eine bestimmte geistige Herausforderung stürzt. Denn er widmete sich in seinen besten Komponistenjahren bis zur Erschöpfung ein und derselben musikalischen Gattung und wandte sich dann erst dem nächsten Genre zu. So schrieb er bis 1840 fast nur Werke für Klavier; das Jahr 1840 wurde zu seinem „Liederjahr“, es folgte 1841 das Jahr der Symphonien und 1842 das der Kammermusik.
Das Klavierquintett op. 44 vereinigt in unglaublicher Fülle kraftvolle Themen und hochgestimmte enthusiastische Aufschwünge mit zärtlich-schwärmerischen Passagen, dramatische Ausbrüche mit tragischen Abstürzen, Glückseligkeit mit Trauer. Dabei bleibt die Struktur in Aufbau und Verarbeitung des musikalischen Materials stets klar und fasslich. So wird im 1. Satz das triumphal vorwärtsdrängende Hauptthema sogleich lyrisch umgebogen. Das zweite Thema gestaltet der Komponist als träumerischen Dialog zwischen Cello und Bratsche, dem zu Beginn der Durchführung ein düsterer Abstieg folgt, ehe sich das kraftvolle Hauptthema wieder durchsetzt. Im 2. Satz, einem ergreifenden Trauermarsch, spielt sich für den Schumann-Verehrer Tschaikowsky eine „ganze Tragödie“ ab. Die Düsternis wird unterbrochen vom zärtlich-wehmütigen Seitenthema, das sogleich von einem hochdramatischen Ausbruch bekämpft wird – ein Einfall, der auf den Rat des Freundes Mendelssohn zurückgeht. Das Scherzo ist ein Perpetuum mobile von auf- und absteigenden Tonleitern – und zugleich ein rhythmisches Vexierspiel – mit zwei schlichten, volksliedhaften Trios. Dem zweiten Trio hört man deutlich an, dass es auf Anregung Mendelssohns eingefügt wurde. Im Finalsatz verknüpft Schumann das tänzerische Hauptthema mit Themenmaterial des 1. Satzes, bis schließlich eine Doppelfuge über beide Themen das Quintett triumphal beendet.
Das Klavierquartett Nr. 1 g-Moll op. 25 von Johannes Brahms (1833 – 1897) ist trotz seiner kammermusikalischen Besetzung ein Monumentalwerk, nicht nur wegen des symphonischen Ausmaßes, sondern auch wegen der „thematischen Vereinheitlichung durch Motivvariationen“ (Reclam) durch alle vier Sätze hindurch. Aber es ist auch eine Feier des Exzesses in seinem Finalsatz, der in einem rauschhaften Tanztaumel alla Zingarese endet. Diesen Ausbruch in die Welt der volkstümlichen sogenannten Zigeunermusik hatte das Publikum bei der Uraufführung 1861 in Hamburg nicht erwartet, so dass die Resonanz trotz der Mitwirkung von Clara Schumann am Klavier verhalten blieb, wogegen die vom ungarischen Csárdás begeisterten Wiener das Werk ein Jahr später enthusiastisch feierten. Der Ungar Joseph Joachim, berühmter Geiger, lebenslanger Freund und enger musikalischer Ratgeber von Brahms, der soeben ein Violinkonzert im ungarischen Stil komponiert hatte, räumte neidlos ein: „Mit dem Finale hast Du mir auf meinem eigenen Territorium eine ganz tüchtige Schlappe versetzt“. Der symphonische Zuschnitt des Klavierquartetts veranlasste Arnold Schönberg nicht nur zu dem Bonmot, das Werk sei Brahms‘ „Fünfte Symphonie“, sondern – auf Anregung Otto Klemperers – auch zu einer hörenswerten Bearbeitung des Werks für großes Orchester.
Arnold Schönberg bedachte das monumentale, lakonische Hauptthema des 1. Satzes mit der Bemerkung: „Leider nicht von mir!“ Mit seiner absteigenden Intervall-Linie liefert es die Bausteine für die zwei sehnsuchtsvollen Seitenthemen, die von Cello und Bratsche vorgestellt werden. Joseph Joachim erkannte schon in diesem Satz ungarische Charakteristik, die sich für den unbefangenen Hörer allerdings hinter der Variationskunst des Komponisten verbirgt. Der 2. Satz „Intermezzo“ ist ein verhaltenes, leicht melancholisches Zwischenspiel mit einem unruhig dahin huschenden Mittelteil, „kapriziös und fahl zugleich“ (W. Niemann). Der ergreifend schöne 3. Satz beginnt mit einem schlichten, schwärmerischen Hauptthema, das nach dramatischer Steigerung in ein rhythmisch-tänzerisches Seitenthema übergeht und sich in eine majestätische Polonaise verwandelt. Raffinierte harmonische Brechungen leiten zur Reprise über. Im abschließenden Rondo alla Zingarese zieht Brahms alle Register mitreißender „Zigeunermusik“: schmachtende und schwungvolle Melodien, mitreißende Rhythmen, effektvolle Rubati, ausgreifende Ornamente, Bordunklänge, Accellerandi, Unisono-Passagen – und ein Klavier, das ein Zymbal (Hackbrett) perfekt imitiert. Das Werk endet mit einem rauschhaften Taumel nach Art eines Csárdás.
Das Ensemble Isura spielt in der Besetzung
Dmitri Vinnik, Klavier
David Schultheiss, Violine
Rita Kunert, Violine
Clemens Gordon, Viola
Roswitha Timm, Violoncello