Das Programm:
Gabriel Fauré (1845 – 1924)
Quartett Nr. 1 c-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello op. 15
1. Allegro molto moderato
2. Scherzo. Allegro vivo – Trio
3. Adagio
4. Finale. Allegro molto
Robert Schumann (1810 – 1856)
Quartett Es-Dur für Klavier, Violine, Viola und Violoncello op. 47
1. Sostenuto assai – Allegro ma no n troppo
2. Scherzo. Molto vivace
3. Andante cantabile
4. Finale. Vivace
Eintritt: € 25; ermäßigt für Mitglieder € 20, für Schüler und Studierende unter 30J. € 5
Karten nur an der Abendkasse
Reservierung empfohlen unter:info@kammermusik-pasing.de
Nach dem verlorenen Deutsch-Französischen Krieg wurde am 25. Februar 1871 die „Société Nationale de Musique“ gegründet, um die Aufführung zeitgenössischer Instrumentalmusik französischer Komponisten zu fördern. Man fühlte sich der „Ars gallica“ verpflichtet, das kulturelle Leben in Frankreich sollte vor allem vor deutschen Einflüssen bewahrt werden. Mitglieder waren u.a. Camille Saint-Saëns, César Franck, Jules Massenet und Gabriel Fauré, nach dessen sensationellem Uraufführungserfolg der ersten Violinsonate 1877 wurde er zum Hauptvertreter der Société.
Im direkten Anschluss komponierte er mit dem Quartett Nr. 1 c-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello, op. 15 ein weiteres großes Kammermusikwerk, Vorbild war das 1875 in der „Société nationale de Musique“ uraufgeführte Klavierquartett seines Lehrers und Förderers Camille Saint-Saëns. Auch wenn Fauré bei seiner Komposition schon Mitte 30 war, ist es doch seinen frühen Stücken zuzuordnen, eben jenen Arbeiten, in denen er seinen eigenen, unverwechselbaren Stil fand.
Diese jugendlich-frische Komposition begeisterte bei ihrer Uraufführung mit Fauré am Klavier im Februar 1880, allerdings äußerten Freunde auch Kritik am letzten Satz, weshalb Fauré nach einer dreijährigen Bedenkzeit ein neues Finale komponierte. Obwohl das Klavierquartett erst im 3. Anlauf veröffentlicht werden konnte, war es bald sehr präsent und gilt heute als eines der bedeutendsten und populärsten französischen Kammermusikwerke des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Wie auch in der deutschen Romantik üblich, ist das Werk viersätzig, wobei das Scherzo vor den langsamen Satz gerückt ist, wie z.B. auch im 1875 veröffentlichten 3. Klavierquartett von Johannes Brahms und dem Klavierquartett von Robert Schumann.
Im Kopfsatz, einem strengen Sonatensatz, kontrastieren die in Moll bzw. Dur gehaltenen beiden Themen. Das stark punktierte Hauptthema wird unisono von den Streichern im Allegro molto moderato vorgestellt, das weiche Seitenthema nacheinander von Viola, Violine und Violoncello, bevor es vom Klavier aufgegriffen wird.
Der zweite Satz, ein Scherzo „von einnehmender Leichtigkeit“, wie der Fauré-Biograph Robert Orledge schreibt, lässt schon den neuen Ton des aufkommenden Impressionismus anklingen: „Pizzicato-Akkorde der Streicher bilden den Hintergrund für das atemlos-luftige Thema. Es wird in einfachen Noten im Klavier vorgestellt und kann sich zwischen c-Moll und Es-Dur nicht recht entscheiden. Nach verschiedenen Durchführungen kommt das Scherzo zu einem Schlusspunkt; eine ziemlich respektlose Überleitung des Klaviers führt zu einem lyrischen Choral der gedämpften Streicher, einer Art halbernstem Trio.“ Hier übernimmt das Klavier die Rolle eines Perpetuum mobile, ständig in Bewegung, nie hektisch aber äußerst beweglich. Die darüber liegende Melodie der Streicher nimmt schon fast die Harmonik der Jahrhundertwende vorweg, die Klänge von Faurés späterem Schüler Maurice Ravel sind nicht mehr weit entfernt.
Das Adagio beschreibt Robert Orledge so. „Nachdenklich und schön, mal verhalten, mal kraftvoll verlangt es von Interpreten und Zuhörern gleichermaßen ein Maximum an Konzentration. Das kurze Hauptthema gehört mit seiner akkordischen Begleitung zusammen; eine kurze Modulation leitet zum Seitenthema über, einem längeren, flehenden Thema über einer wiegenden Klavierbegleitung. Die Reprise des Hauptthemas verbreitet ein Gefühl von unterdrückter Passion, von Widerstand gegen den alles überwältigenden Schmerz, der erst in der Coda zur Ruhe kommt. Das Seitenthema wandert im Klavier zu ausgehaltenen Streicherakkorden höher und höher, bis es sich in einen Schauer fallender Arpeggios auflöst, wie eine Kaskade aus Sternen.“
Obwohl das Finale viel später komponiert wurde, fügt es sich wunderbar ein und passt vor allem gut zum ersten Satz. Das Hauptthema ist wieder stark punktiert, die Dramatik wird durch das lyrische Seitenthema unterbrochen. Manche Harmonien und Farben scheinen von der spätromantischen Orgelmusik inspiriert zu sein, Fauré war ja Organist. Der Satz endet in strahlendem C-Dur.
Ob aus diesem Werk der Geist einer neuen unabhängigen französischen Nationalmusik spricht, wie sie Fauré und seinen Freunden vorschwebte, sei dahingestellt, den Weg zu einer neuen Musiksprache hat Fauré mit diesem Werk auf jeden Fall bereitet, „Vater des Impressionismus“ wird er oft genannt.
Das Jahr 1842 ist als sogenanntes „kammermusikalisches Jahr“ in die Biographie Robert Schumanns eingegangen. Nach einem „Liederjahr“ (1840) und einem „symphonischen Jahr“ (1841) entstanden damals nach intensiven Studien der Streichquartette Haydns, Mozarts und Beethovens seine bedeutendsten Kammermusikwerke, die drei Streichquartette op. 41, das Klavierquintett op.44 und schließlich innerhalb von drei Wochen im Oktober und November das Quartett Es-Dur für Klavier, Violine, Viola und Violoncello, op. 47. Mag das Klavier im Quintett noch eine dominantere Rolle eingenommen haben, sind im Quartett alle Stimmen betont kammermusikalisch gleichberechtigt und durchdringen sich zu einem famosen Ensemble. „Nicht ohne meine Clara!“ Seit sich Robert Schumann in die junge Pianistin verliebt hatte, prägte diese Beziehung natürlich auch seine Musik. „Abends spielten wir Roberts Es Dur Quartett zum ersten Male bei uns, und ich war wahrhaft entzückt wieder von diesem schönen Werke, das so jugendlich“, schwärmte denn auch Clara Schumann in ihrem Tagebuch.
Die langsame Einleitung des Kopfsatzes tritt im weiteren Verlauf noch zweimal, vor der Durchführung und der Coda, auf und strukturiert so das Werk. Die gleiche Tonfolge wird dann in den “sempre con molto sentimento” zu spielenden markanten Akkorden des Hauptthemas übernommen. Im zweiten Thema verknüpft Schumann resolute Skalen und fanfarenartig gestoßene Akkordzerlegungen mit dem Choralzitat „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Dieses findet sich schon im Heine-Liederkreis op. 24 mit dem Text “Und anfangs wollt’ ich fast verzagen”, was seinen Sinn auch im Klavierquartett erklären könnte. Nach einer dramatischen Durchführung und einer stark variierten Reprise beschließt eine furiose Coda diesen ersten Satz.
Das fünfteilige „molto vivace“-Scherzo in g-Moll stellt dem staccato und meist im piano verlaufenden Hauptteil in der Art eines Perpetuum mobile zwei ruhigere Trios gegenüber, das erste singend und imitatorisch, das zweite mit geheimnisvollen Schwebeklängen. Schumann greift aber auch hier wieder auf die staccato-Passagen zurück.
Diesem fantastischen Spukstück folgt als Höhepunkt das Andante cantabile. Es bietet Gesang pur und beginnt mit einem wunderschönen Violoncello-Thema, das mit seinen ausdrucksvollen Vorhalten und melodischen Wendungen dann in freien Variationen von Violine (mit Kontrapunkt im Violoncello) und Klavier (mit Kontrapunkt in der Viola) aufgegriffen und immer mehr verfremdet wird. Diesen drei „Strophen“ folgt ein entrücktes Intermezzo in Ges-Dur im Stil eines Beethoven-Adagios, bevor die vierte „Strophe“ das Thema in der Viola und Figurationen in der Violine und die fünfte „Strophe“ das Thema in der Violine und Figurationen im Klavier bringt. Zu guter Letzt greift das Violoncello den ersten Teil des Themas nochmal auf, bevor sich völlig überraschend in einer geheimnisvollen Coda über dem liegenden Orgelton B (deshalb muss in der vierten „Strophe“, in der das Violoncello pausiert „die C-Saite um einen Ton tiefer nach B“ gestimmt werden) ein dreitöniges Motiv zu experimentellen Klängen auftürmt.
Dieses entpuppt sich dann als Hauptthema des Finalsatzes, bestehend aus Akkordschlägen wie im ersten Satz, diesmal sind es aber nur drei. Der folgende Sechzehntellauf führt zu einem munteren Fugato, bevor diese lebhafte Kontrapunktik im Seitenthema wieder von einem emotionalen Violoncello-Solo abgelöst wird. Zum Ende hin wird das Hauptthema zur Apotheose gesteigert.
Nach der öffentlichen Uraufführung am 8. Dezember 1844 im Leipziger Gewandhaus konnte man in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung lesen: „Eröffnet wurde die Matinée durch ein neues Quartett Robert Schumanns. Ein Stück voll Geist und Leben, das namentlich in den beiden Mittelsätzen höchst ansprechend und lieblich mit hohem Schwunge der Fantasie eine Fülle schöner musikalischer Gedanken verbindet.“
Die Künstler*innen:
Nigedemu Zeng wurde im Jahr 2005 geboren. Er begann seine musikalische Ausbildung an der Xiamen Musikschule und Shanghai Conservatory of Music. Seit 2017 studiert er am Pre-College der Universität Mozarteum Salzburg in der Klasse von Michaela Girardi. Seit 2021 studiert er an der Hochschule für Musik und Theater München in der Klasse von Mi-Kyung Lee. Nigedemu Zeng ist mehrfacher Gewinner sowohl nationaler als auch internationaler Wettbewerb. Er gewann den 1. Preis beim „20. Osaka International Music Competition“ im Jahr 2019. Im Jahr 2023 gewann er den 2. Preis beim „19. Internationalen Khachaturian Violin Competition“. Zu den Highlights seiner letzten Spielzeiten gehören seine Solo-Auftritte an Orten wie dem Wiener Musikverein, Takatsuki Modern Theatre, Bad Reichenhall Philharmonic, Gstaad Festival-Tent und China National Opera House, und Solo-Auftritte mit dem Armenian State Symphony Orchestra, Gstaad Menuhin Festival Orchester, Chamber Soloists Salzburg. Einige seiner Auftritte wurden von Österreichischer Rundfunk ORF, Forbes DA, Amadeus TV und BR-Klassik der Bayerischer Rundfunk aufgezeichnet. Nigedemu Zeng spielt eine Geige von A. Guarneri aus dem Jahr 1688.
He Xu wurde 2005 in Harbin, Provinz Heilongjiang, China, geboren. Im Alter von 6 Jahren folgte er dem Rat seines Großvaters und begann, Violine zu lernen. Nach einer Vorbereitungszeit wurde er 2015 in die Musik-Mittelschule des Shanghai-Konservatoriums aufgenommen, wo er seitdem bei Professor Ding Xiaolei Violine studiert. Während seiner Schulzeit konnte er an mehreren Aufführungen und Meisterkursen teilnehmen und 2018 wurde er aufgrund seiner hervorragenden Leistungen direkt in die Musik-Oberstufe des Shanghai-Konservatoriums aufgenommen. Im selben Jahr nahm er mit Professor Ding Xiaolei am „German Austrian Summer“-Sommercamp teil. 2022 wurde er an der Universität für Musik und Theater München aufgenommen, wo er seitdem bei Professor Markus Wolf studiert. 2023 wurde er für den „XVII. Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb“ ausgewählt und erreichte die zweite Runde des Global Music Education League Violinwettbewerbs.
Kokoro Ryu, geboren 2006 in Tokio, begann im Alter von 4 Jahren mit dem Klavierspiel und im Alter von 9 Jahren mit dem Cellospiel. Sie wurde 2023 mit dem Antonio-Meneses-Preis ausgezeichnet und gewann 2023 das Student Music Concours of Japan in Tokio. Sie hat auch viele andere Preise in Asien und Europa gewonnen. Im Alter von 12 Jahren wurde sie in die Purcell School für junge Musiker in London aufgenommen, und mit 14 Jahren wurde sie ausgewählt, das Klavierquartett „Upon One Note“ von Oliver Knussen in der Elizabeth Hall uraufzuführen. Nachdem sie nach Tokio zurückgekehrt war, wurde sie an der Musikhochschule der Tokyo University of the Arts aufgenommen und erhielt bald darauf den New Artist Award der Tokyo International Association of Art sowie ein Vollstipendium derselben Vereinigung. Außerdem erhält sie ein Vollstipendium des STROAN-Projekts der Salamanca Hall. Sie ist Mitglied von Live Musik Now München, Ozawa International Chamber Music Academy Okushiga, des Asian Youth Orchestra und Solocellistin des Junior Philharmonic Orchestra. Sie ist mit Künstlern wie Oliver Herbert, Federico Agostini aufgetreten und hat bei den Professoren Wen-Sinn Yang, Kenji Nakagi, Masaharu Kanda, Lana Hsieung und Pal Banda, und Kammermusik mit Raphaël Merlin, Silke Avenhaus, Adrian Oetiker, und Dirk Mommertz studiert.
Luowen Huang begann im Alter von fünf Jahren, Klavier bei ihrer Mutter zu lernen. Seit 2012 studierte sie bei dem Klavierpädagogen Professor Bernd Goetze. 2015 schloss sie ihr Hauptfach ab und setzte ihr Studium bei Professor Bernd Goetzke und Professor Olivier Gardon fort, um einen Master-Abschluss zu machen. Im Jahr 2020 wurde sie an der Hochschule für Musik und Theater München aufgenommen, um Professor Adrian Oetiker zu folgen und studierte für zertifizierte Meisterklasse und Exellence in Performance. Als Pianistin gewann sie Preise bei mehreren internationalen Wettbewerben, wie z. B: zweiter Platz beim Argento-Klavierwettbewerb; Publikumspreis beim Mayenne-Klavierwettbewerb in Frankreich; 1. Platz beim IBLA-Wettbewerb in Italien. Sie hat Konzerte in Italien, USA, Frankreich, Deutschland, Malaysia, Südkorea, Japan, Malaysia, Indonesien, Thailand und anderen Ländern gegeben. Während ihres Aufenthalts in Deutschland konzertierte sie in Hannover, Berlin und anderen Orten.